Suche

Der Harz – Ein besonderer Ort für Flora und Fauna

Der Harz ist für viele Naturliebhaber ein Symbol für eine einmalige Naturlandschaft und zählt zu den an Burgen, Schlössern und Klöstern reichsten Landschaften Europas und der Erde.

Der Harz – bis zum Mittelalter Hart = Bergwald genannt – ist das höchste Gebirge Mitteldeutschlands und ragt mit seinem höchsten Granitfelsen, dem Brocken mit 1141 Metern, einer Insel gleich als isolierter Gebirgskomplex schroff aus den ihn umgebenden Hügelländern heraus. Am weitesten ist das Gebirge nach Norden vorgeschoben, nach Osten geht es ohne erkennbare Grenze ins Vorland über. Es liegt am Schnittpunkt von Niedersachen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Die große Anzahl archäologischer Funde belegt, daß die Harzregion eines der bevorzugten Gebiete menschlicher Siedlung und Kultur im mitteleuropäischen Raum war. Das günstige Klima mit relativ zeitigem Frühlingsbeginn im östlichen Vorharzgebiet, eine genügende Anzahl von Wasserläufen und die Wälder als Jagdgebiet waren die wichtigsten Ursachen für diese frühe Ansiedlung. Viele Siedlungen aus dem Innern des Harzes werden im 9. und 10. Jahrhundert erstmals mit Namen urkundlich belegt, so zum Beispiel die Siedlung »Egininskirod«, im Mittelalter »Engerode« – ein bedeutender Hüttenort –, heute Eggeröder Brunnen zwischen Hüttenrode und Elbingerode. Später wird der Ort Wirtschaftshof des Klosters Michaelstein.

Nach alter Anschauung war jede Erhebung des Bodens auch eine Kraftquelle der Erde, die zu kultischer Verehrung Anlaß gab. Auch der Wald selbst galt als ein Heiligtum. Es waren Weiheorte, die zu bestimmten Göttern in Beziehung gesetzt wurden und die ihnen eine gewisse Heiligkeit verliehen. Ein Beleg dafür sind unter anderem die zwölf Naturdenkmäler von Blankenburg. Dieser Götterhimmel – vermutlich ein neolithischer Kulturkreis – ist ein Phänomen, das sich als einmalig herausgestellt hat. Kultische Bräuche und religiöse Handlungen ließen sich in der Folgezeit nicht trennen.

Sammler und Jäger bahnten sich die ersten Wege in den Harz. Erst als sich das nacheiszeitliche Klima stabilisierte, begannen sie seßhaft zu werden. Dieser Prozeß war im Harzgebiet vor etwa 6.000 Jahren abgeschlossen. Wissenschaftler der Universität Göttingen und die Denkmalpflege des Kreises Osterode haben im Harzvorland bei Osterode ein rund 7.200 Jahre altes Wohnhaus entdeckt – Keramikfunde belegen die Kultur, die den Übergang vom Jäger und Sammler zum seßhaften Ackerbauern schaffte. Der fruchtbare Lößboden bot die günstige Voraussetzung dafür. Dazu mußten allerdings die Wälder gerodet werden.

Auch die ehemals geschlossene Walddecke des Harzgebirges hat der Mensch tiefgreifend verändert. Als Karl der Große im Zuge der Sachsenkriege [778-904] auch den Harz eroberte, erklärte er um 800 n. Chr. den Harz zum Reichsbannforst, also zum alleinigen Jagdgebiet des Kaisers. Für die Landesfürsten entstanden Burgen, und zur Ausbreitung des Christentums in den östlichen Landesteilen hat Karl die Gründung von Klöstern stark gefördert. Aus den königlichen Jagdhöfen wurden Kaiserpfalzen. Das älteste Kloster im Harzgebiet ist vermutlich St. Wiperti aus dem Anfang des 9. Jahrhunderts in Quedlinburg. Der Oberharz wurde seit dem 13. Jahrhundert besiedelt.

Der Harz zählt zu den an Burgen, Schlössern und Klöstern reichsten Landschaften Europas und sogar der Erde

Die Geländeformen des Harzgebirges sind heute sehr abwechslungsreich und lassen sich in subalpine Felsspalten, Brockenbergkuppe, Zwergstrauchheiden, Hochmoore, Wälder und Hügel zusammenfassen. Hinzu kommen noch die Berg-Mähwiesen und die mageren Flachland-Mähwiesen, die mit ihrem Blütenreichtum entscheidend das Landschaftsbild des Harzes prägen. Sie sind über Jahrhunderte durch landwirtschaftliche Nutzung als Weideland für das Harzer Rotvieh entstanden und ein interessanter Kontrast zu den Wäldern. Die Harzer Bergwiesen gehören zu den besonders wertvollen und schutzwürdigen Lebensräumen mit zahlreichen seltenen und gefährdeten Pflanzen.

Auch in der Bodenregion der Buchenwälder gibt es eine Vielzahl auffälliger Pflanzen, die in den Kalkgebieten in großer Mannigfaltigkeit gedeihen. Ebenso artenreich sind auch die Hügel mit Trocken- und Halbtrockenrasen. Die Harzer Moore zählen zu den besterhaltenen Mooren Mitteleuropas. Wesentlichen Anteil an der Vegetation der Hochmoore haben die Torfmoore. Die feuchten Bereiche und die höher liegenden Bulten, das sind feste, grasbewachsene Moorstellen, werden von unterschiedlichen Arten besiedelt und die Torfmoospolster von Zwergsträuchern durchwachsen.

Schlucht-, Au- und Quellwälder treten nur kleinflächig in Erscheinung. Ihre nährstoffreiche Krautschicht weist auffällige Vertreter der hier beheimateten Pflanzengesellschaften auf. Viele Pflanzen sind selten geworden und damit schutzbedürftig. Die geologisch-klimatischen Verhältnisse innerhalb des Harzgebietes sind sehr unterschiedlich. Vom Atlantik werden feuchte Luftmassen an die Westseite des Gebirges herangeführt, die zum Aufsteigen und Abregnen gezwungen werden. Der Oberharz ist sommerkühl und regenreich, der Unterharz, hinter dem das Regenschattengebiet beginnt, ist warm und trocken. Durch diese wechselklimatischen Faktoren und die Reliefenergie wird vorwiegend die Gliederung der Lebensräume der Pflanzen hervorgerufen. Die Höhenunterschiede vom Harzrand bis zum Brocken betragen über 900 Meter.

Auch die Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht und der Übergang zum Kontinentalklima auf der Ostseite des Harzes haben Einfluß auf den Artenreichtum an Pflanzen und Heilkräutern in der Harzregion. Diese besonderen klimatischen Bedingungen haben letztlich auch die einst weltberühmte Pflanzenzüchtung in Quedlinburg ermöglicht.

Wandern wir heute durch den Harz, gehen wir höchstwahrscheinlich auf den gleichen Wegen wie seinerzeit der Stolberger Stadtphysikus und Arzt Johannes Thal [1542-1583], der die erste systematische Zusammenstellung aller Pflanzen des Harzes verfaßte. 1588 wurde diese botanische Zusammenstellung unter dem Titel »Sylva Hercynia« gedruckt. Sie gilt als erste Flora überhaupt. Mitte des 18. Jahrhunderts war es wieder ein Stadtphysikus, der sich für alle Kräuter des Harzes interessierte, Ferdinand Heinrich Germar [1707-1790] zu Wernigerode. Er war auch Botaniker, der für das Naturalienkabinett des Grafen Christian Ernst zu Stolberg-Wernigerode alle Pflanzen der Grafschaft wissenschaftlich erfaßte und das erste Herbarium [Sammlung gepreßter Pflanzen] des Harzgebietes mit 1.250 Blättern erstellte – eine für die damalige Zeit einmalige Leistung. Dabei entdeckte er viele, die damals gar nicht oder wenig bekannt waren. (Mehr zum Thema Harzer Kräuterwanderungen)

Der Harz und vor allem der Brocken sind für viele Liebhaber von Flora und Fauna zum Symbol für eine einmalige Naturlandschaft geworden.