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Villa Viktoria Luise – Hasselfelder Straße 8, Blankenburg

Ein Auszug aus dem Buch "Villenstadt Blankenburg - Glanz und Geschichte" in dem 42 der schönsten und interessantesten Villen Blankenburgs vorgestellt werden.
Villa Viktoria Luise, Hasselfelder Straße 8, Blankenburg

Die Villa Viktoria Luise wurde 1893 als stattliches Herrenhaus vom Baubetrieb der Brüder Schönfeld errichtet. Wie so oft in jenen Jahren wurden Villen auf Rechnung und Risiko einer Baufirma projektiert, mit dem Ziel, diese später gewinnträchtig zu veräußern. In diesem Fall kaufte die Deutsche Reichs-Post die Villa, die das Anwesen zunächst als Heim für höhere Töchter betrieb. Wegen der großen Zahl von aktiven, hierher kommandierten Offizieren der braunschweigischen Garnison entstand in diesen Kreisen das Bedürfnis nach einem Offizierskasino. Zwar gab es eine beeindruckende Zahl standesgemäßer Hotels und Restaurants, doch Militärs wollen gern unter sich bleiben.

Diese Marktlücke erkennend, vermietete die Reichspost ab 1905 das vormalige Herrenhaus an die Blankenburger Garnison, die somit über ein Offizierskasino verfügte. Zu Kriegsbeginn vom Staat beschlagnahmt, wurde das Haus ab 1914 bis zum Kriegsende als Lazarett für leicht verletzte Soldaten verwendet. In diesem Fall handelte es sich indessen wohl eher um ein Erholungsheim, denn oftmals soll es dort hoch hergegangen sein! Wenn auch als Lazarett firmierend, so war es doch mehr ein Kasino. Nach dem Krieg bekam die Post ihr Eigentum zurück. Von 1920 bis 1943 diente die Villa gehobenen Postangestellten als betriebliches Erholungsheim. Vorsteherin war Frau Sroka. Neben dem Haus Silberborn war dieses Haus »Erholungsheim Reichspost« das zweite Erholungsheim am Ort.

Zwischen 1943 und 1945 übernahm Viktoria Luise von Preußen, Herzogin zu Braunschweig-Lüneburg die Schirmherrschaft über das Anwesen. Im Rahmen der »Kinderlandverschickung« wurde die Postvilla für Berliner Kinder reserviert, um diese vor den vielen Bombardierungen Berlins zu evakuieren.

Nach Kriegsende verwendete die Deutsche Post das Gebäude für Schulungen, als Postkinderheim – Heimleiterin war Luise Kuhrock – und gelegentlich auch in den 50er Jahren als Unterkunft der Radsport-Nationalmannschaft der DDR. Inspiriert vom Aufenthalt im Harz erzählte Gustav Adolf »Täve« Schur dem einflußreichen Magdeburger Radsportfunktionär Otto Nitze von seiner Idee: »Hier müßte mal ein Rennen für Bergsteiger her!« Es scheint so, als sei der 1956 erstmalig ausgefahrene Harzer Bergpreis, später Tribüne-Bergpreis, benannt nach der Zeitung der Gewerkschaften »Tribüne«, auf diese Anregung zurückzuführen. Bei späteren Radsportgroßveranstaltungen wurden immer wieder Mannschaften in der Villa untergebracht. Der Höhepunkt war zweifellos die internationalen USIC-Radsport-Meisterschaften, die in mehreren Runden durch Harz und Blankenburg gefahren wurden. Dabei ist äußerst memorabel, daß eigens für das Fahrerfeld am Bahnübergang Hüttenrode-Posteena der Zugverkehr angehalten wurde. Ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des europäischen Straßenradsports! – Später erlosch das Interesse der Deutschen Post der DDR am Erholungsobjekt.

Das Gebäude ging 1960 an die Kureinrichtung Teufelsbad. Denn nach wie vor besaß diese bekannte Kureinrichtung, würdiger Nachfahre der ersten Sanatorien, kein Bettenhaus, so daß solche Häuser und viele Privatquartiere zur Unterbringung der Kurgäste genutzt werden mußten. Das Jahr 1989 beendete diese Nutzung, dann folgte aufgrund unklarer Rechtslage ein 10-jähriger Leerstand. 1998 wurde die Villa von Frau Andrea Schmitz erworben und sehr umfassend saniert. Als Hotel »Viktoria Luise«, benannt nach der Kaisertochter und Herzogin, bekam das Anwesen seit April 1998 seine heutige Bestimmung. Das Hotel war mehrfach Kulisse von Fernsehfilmen, unter anderem im Polizeiruf 110, »Tote erben nicht« mit Jacki Schwarz alias Kommissar Schmücke und Wolfgang Winkler alias Kommissar Schneider.

Ab Januar 2019 firmiert das Anwesen als »Villa Viktoria Luise – Boutique Hotel.« Hotelgäste genießen die exponierte Lage des Hauses unterhalb des Großvaterfelsens, der den westlichen Abschluß der sagenumwobenen Teufelsmauer bildet. Der Fensterausblick öffnet das Panorama der idyllisch in die Berglandschaft des Harzes eingebetteten Blütenstadt Blankenburg.