Mit Erfindung der Buchdruckerkunst wurde es möglich, Pflanzenbeschreibungen und Pflanzenabbildungen einer breiteren Leserschicht zugänglich zu machen. 1484 erscheint in Mainz das erste gedruckte Kräuterbuch, herausgegeben von einem Mitarbeiter Gutenbergs. Es enthält 150 Kapitel mit ebenso vielen Abbildungen in Holzschnitten.
Ein Jahr später wird der »Gart der Gesundheit« veröffentlicht. Es ist das erste gedruckte Kräuterbuch in deutscher Sprache mit 368 handkolorierten Blättern, auch mit den beiden Holzschnitten der Wunderpflanze Alraune, die im Mittelalter eine große Rolle in der Schmerzbehandlung spielte. Zusammen mit Opium und Bilsenkraut tränkte man Schlafschwämme, die vor operativen Eingriffen verabreicht wurden.
1491 wurde von dem Mainzer Buchdrucker Meydenbach der »hortus sanitatis« in lateinischer Sprache herausgebracht, der für die mittelalterliche Medizin und Botanik von großer Bedeutung war. 454 Blatt sind mit sieben Vollbildern und 1.066 meist im Format 6 × 10 cm in den Text hineingestellten Illustrationen geschmückt. Eine schöpferische Fundgrube für den Historiker und jeden, der sich für Heil- und Pflanzenkunde der damaligen Zeit interessiert.
Die Bevölkerung, die den Naturkräften gegenüber, die Gott in die Pflanzen gelegt hatte, ein großes Vertrauen entgegenbrachte, gewann zunehmend Interesse an einem medizinischen Hausschatz mit Anweisung zum Gebrauch, um auf einfache und praktische Weise sich selbst zu helfen und zu heilen.
Die deutsche Renaissance
Die Nachfrage nach Kräuterbüchern wuchs, so daß die Herstellung von Botanik-Ärzten übernommen werden konnte. Die nach 1530 erschienenen Kräuterbücher von den drei Vätern der Botanik waren seinerzeit das Großartigste und Beeindruckendste an naturwissenschaftlichen Werken:
Das erste dieser neuen Kräuterbücher erschien 1532 von Otho Brunfels [1488-1534]; sein Contrafayt Kreuterbuch war zunächst in lateinischer, danach erst in deutscher Sprache erhältlich. Brunfels war Dominikanermönch und Doktor der Medizin. Die handkolorierten Abbildungen von einem Schüler von Albrecht Dürer sind so naturalistisch, daß sie das Buch besonders wertvoll machen.
Ein Schüler von Brunfels, Hieronymus Bock [1498-1554], war Lehrer und Leiter eines Botanischen Gartens. Er bringt 1539 sein Kreutterbuch heraus, in dem alle Pflanzen seiner oberrheinischen Heimat, inklusive Stauden und Bäume aufgenommen sind. Sein Erfolg ist vor allem den volkstümlichen, liebevoll verfaßten Texten zu verdanken, zu denen auch Passagen über die Herkunft, Verarbeitung und Anwendung von Lebensmitteln gehören.
Der Tübinger Professor Leonhart Fuchs [1501-1566], später Leibarzt des Markgrafen von Brandenburg in Ansbach, bringt 1543 ein gewaltiges, bebildertes New Kreüterbuch heraus, graphisch und künstlerisch wohl das Schönste, was von den drei Vätern der Botanik geschaffen wurde. Er beruft sich auf die alten Schriften von Hippokrates, Dioskurides und Galen. Der Text behandelt den Namen, die Gestalt, Vorkommen und Blütezeit, aber auch die Kraft und Wirkung der Pflanzen. Mit dieser Komplexität überragt er alle bis dahin erschienenen Werke.
Schier unerschöpfliche Quellen stellen auch die Kräuterbücher dar, die ab der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erscheinen, so das Kreuterbuch des Adam Lonicerus von 1555; das Kreuterbuch von Nikolaus Mathiolus, das vielfach Grundlage für weitere Kräuterbücher wurde.
Das umfassendste Werk der Kräuterbuchgeschichte ist das Kreuterbuch des Jacobus Theodorus Tabernaemontanus aus dem Jahre 1731. Auf 1.160 Seiten hat der Arzt und Apotheker in 38 Jahren über 3.000 Kräuterbeschreibungen in außergewöhnlicher Ausführlichkeit zusammengetragen.
Bis weit ins 18. Jahrhundert war der »Tabernaemontanus« das Standardwerk der Botanik und Pharmakologie. Jakob Theodor [1525-1590], nach seinem Heimatort Bergzabern in der Pfalz »Tabernaemontanus« genannt, war Schüler von Hieronymus Bock. Sein Leben lang arbeitete er an dem 1588 erschienenen »Neu vollkommen Kreuter-Buch, darinnen 3000 Kräuter mit schönen künstlichen Figuren… beschrieben« – das bedeutendste Werk mit 2300 Holzschnitt-Abbildungen. Seinen Vorgängern gegenüber hebt es sich mit wesentlich besseren Holzschnitten und treffenderen Beschreibungen deutlich ab. Zahlreiche schöne Illustrationen, die später vermehrt wurden, waren weit bis ins 18. Jahrhundert vielen Botanikern eine Einführungshilfe in die europäische Flora. Der letzte und schönste Nachdruck erfolgte 1731.